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Abgeschaltete Kernkraftwerke: Landräte fordern Unterstützung für Kommunen

© Britta Glatki

31.01.23: Am 31. Dezember 2021 hat das Kernkraftwerk Brokdorf seinen Leistungsbetrieb eingestellt. Für die Gemeinde hat die Stilllegung des Kraftwerkes zahlreiche Konsequenzen – so, wie auch für Kommunen in ähnlicher Situation. 

Dreizehn Kreise in ganz Deutschland haben sich zu einer gemeinsamen „Initiative zur Förderung des aktiven Konversionsprozesses in Landkreisen und Kommunen mit abgeschalteten Kernkraftwerken“ zusammengeschlossen. Es sind Kreise, in denen sich bereits abgeschaltete oder noch laufende Kernkraftwerke befinden.

Ziel ist, dass der Bund den anstehenden Strukturwandel in den betroffenen Kreisen analog zu den Kohlerevieren angemessen unterstützt. Schließlich haben die Kreise jahrzehntelang maßgeblich zur Energieversorgung in Deutschland beigetragen. Der Kreis Steinburg ist der Initiative beigetreten. 

„Beim Ausstieg aus der Kernenergie handelt es sich um eine viele Jahrzehnte andauernde gesamtgesellschaftliche Aufgabe, welche die betroffenen Kommunen und Landkreise und ihre Bürgerinnen und Bürger vor große Herausforderungen stellt", betont Dirk Adomat, Landrat des Landkreises Hameln-Pyrmont, der die Federführung der Initiative innehat. Für jeden dieser Landkreise ist mit diesem Prozess eine sehr lange Übergangsphase verbunden, in der er Unterstützung von Bund und Land benötigt. Aber im Gegensatz zu den Milliardensummen, die für den Strukturwandel in den Kohlerevieren zur Verfügung stehen, gibt es für die Landkreise und Kommunen mit abgeschalteten Kernkraftwerken bislang noch keine vergleichbare Unterstützung. 

“Diese Ungleichbehandlung bei einem Projekt der nationalen Energiesicherung ist aus unserer Sicht weder akzeptabel, noch der betroffenen Bevölkerung vor Ort vermittelbar", begründet Steinburgs Landrat Claudius Teske den Beitritt zur Initiative. 

Nach den Vorstellungen der Initiative wäre den betroffenen Kreisen allerdings nicht mit Ausgleichszahlungen gedient. Vielmehr ist gewünscht, dass die betroffenen Kommunen nachhaltige und zukunftsfähige Einrichtungen zur „grünen“ Energiegewinnung erhalten. Denn die von der Abschaltung der Kernkraftwerke betroffenen Kreise möchten den Strukturwandel nutzen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterstützen und so auch zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland zu leisten. 

Mit diesem Anliegen, konkretisiert in inhaltlichen Forderungen, werden sich die Mitglieder der Initiative an Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, wenden, um gemeinsame Gespräche über Förderungen aufzunehmen. 

Landrat Adomat erklärt: „Alle betroffenen Landkreise benötigen erstens einen Ausgleichs-fonds für wegfallende qualifizierte Arbeitsplätze. Zweitens halten sie eine Beteiligung an einer zukunftsorientierten nachhaltigen Energieerzeugung für sinnvoll. Und drittens erwarten sie die Unterstützung des Bundes bei der Weiterentwicklung der Infrastruktur sowie bei Anreizen für die Ansiedlung qualifizierter Betriebe zur Schaffung neuer Arbeitsplätze." 

Konkret lauten die Forderungen der Initiative: 

  1. Die Wertschöpfung aus erneuerbaren Energien als Ersatz für die Kernenergie muss im Rahmen der Energietransformation sichergestellt werden. Hierzu ist eine Förderung zur Ansiedlung und für die Arbeit von Betrieben aus dem nachgelagerten Bereich der Energieerzeugung notwendig. Dazu gehören unter anderem die Herstellung, Speicherung und der Vertrieb von (grünem) Wasserstoff.
     
  2. Für die Schaffung von Wertschöpfung und zum Erhalt qualifizierter Arbeitsplätze muss ein Ausgleichsfonds eingerichtet werden. Die Landkreise und Kommunen abgeschalteter Kernkraftwerke müssen damit bei der Planung und Erschließung neuer Standortflächen für Industrie und Gewerbe unterstützt werden, da die Standorte der Kernkraftwerke hierfür auf Jahrzehnte hinaus nicht genutzt werden können. Zudem müssen hiermit finanzielle Anreize für Unternehmen geschaffen werden, damit diese sich in den Kommunen ansiedeln. Die durch die Abschaltung der Kernkraftwerke wegfallende Wertschöpfung und die wegfallenden Arbeitsplätze müssen so kompensiert werden.
     
  3. Zur Kompensation von verlorengegangen Arbeitsplätzen müssen zudem gezielt Forschungs- und Hochschuleinrichtungen der Länder und des Bundes sowie Landes- und Bundesbehörden in den betroffenen Landkreisen angesiedelt werden bzw. deutlich ausgebaut werden, sofern sie schon vorhanden sind. Insbesondere Forschungs-einrichtungen zu erneuerbaren Energien können hier mit Betrieben aus dem Bereich der regenerativen Energieerzeugung Synergien bilden.  

Die Forderungen der Initiative zielen keineswegs darauf ab, pauschale Entschädigungen zu erhalten. Dazu Teske: „Es geht uns darum, den Wandel hin zu erneuerbaren Energien zu fördern. Wir haben in unseren Kreisen und Kommunen überdurchschnittlich viele kompetente und energieaffine Fachkräfte. Die möchten wir nach Möglichkeit halten."

Die in den Kernkraftwerken weggefallenen Arbeitsplätze sollen mit neuen nachhaltigen Arbeitsplätzen rund um den Ausbau der erneuerbaren Energien kompensiert werden. „Wir möchten weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Energieproduktion oder Speicherung leisten. Die aktuelle Situation führt uns vor Augen, wie dringend notwendig dies ist."

Die Initiative zielt darauf ab, passgenaue und niedrigschwellige Förderungen durch den Bund und die Länder zu erreichen. Um bei diesem Anliegen breite politische Unterstützung zu erhalten, hat der Steinburger Verwaltungschef in einem ersten Schritt die Bundes- und Landtagsabgeordneten aus dem Kreis angeschrieben und um Unterstützung für die Initiative gebeten. 

Die Landräte aus den anderen Landkreisen der Initiative werde in gleicher Weise vorgehen. „Wir wollen mit sämtlichen Abgeordneten aus den betroffenen Kreisen ins Gespräch kommen und auf diese Weise für eine breite Unterstützung unserer Ziele in Berlin und bei unseren jeweiligen Landesregierungen werben", betonen Dirk Adomat und Claudius Teske. 

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